Heuernte bedeutet Gefahr für junge Rehe

Jagdgesellschaft rettete vier Kitze vor der Mähmaschine

Wenn die Heuernte beginnt, fallen

Jährlich Hunderte von Rehkitzen dem

Mähbalken zum Opfer. Dass es auch

anders geht, bewiesen die Mitglieder

der Jagdgesellschaft Laubberg am

vergangenen Muttertag.

 

Bruno Meier

Laut einem Merkblatt des Schweizer Tierschutzes kommen in unserem Land jährlich rund 1500 Rehkitze durch Mähmaschinen ums Leben. Die Dunkelziffer dürfte aber noch erheblich höher liegen.

Die beginnende Heuernte ist die gefährlichste Zeit im jungen Leben eines Rehkitzes
Die beginnende Heuernte ist die gefährlichste Zeit im jungen Leben eines Rehkitzes

Dabei könnte man viele junge Rehe vor diesem schrecklichen Tod bewahren, wie es auch kürzlich im Laubberggebiet geschehen ist. Das schöne Wetter am vergangenen 10. Mai veranlasste nämlich viele Landwirte, den ersten Grasschnitt durchzuführen.Da die Rehgeissen praktisch gleichzeitig begonnen hatten, ihre Kitze im hohen Gras zu setzen, wurde die Jagdgesellschaft Laubberg darum gebeten, vorgängig die zu mähenden Wiesen abzusuchen. Eine Aufgabe, die Jagdaufseher Sergio Taiana mit drei weiteren Personen übernahm. Der Jagdaufseher: «Rehkitze im hohen Gras zu suchen ist ein schwieriges Unterfangen, da sie voller Vertrauen in ihrer Deckung liegen bleiben. Und da die Jungtiere in den ersten Tagen keinen Körpergeruch entwickeln, sind sie auch für Suchhunde nicht auffindbar.»

Dieses Kitz hatte Glück und wurde vom Jagdaufseher und seinen Helfern gerettet
Dieses Kitz hatte Glück und wurde vom Jagdaufseher und seinen Helfern gerettet

Rehkitze nie anfassen

Sergio Taiana und seinen Helfern blieb deshalb nichts anderes übrig, als die zu mähenden Wiesen vorsichtig mit langen Stöcken abzusuchen. Dabei konnten am Muttertag vier Rehkitze lokalisiert und gerettet werden. Mit den Händen angefasst werden durften die Kitze bei ihrer Rettung allerdings nicht. Dadurch würden die Jungtiere den menschlichen Geruch annehmen und von der Mutter verstossen, betonte der Jagdaufseher. Deshalb dürfen die Jungtiere nur mit einem grossen Büschel Gras als Schutzschicht angefasst und vorsichtig aus der Gefahrenzone getragen werden. Taiana bittet in diesem Zusammenhang alle Spaziergänger eindringlich, beim Auffinden eines jungen Rehes, dieses nie anzufassen und sich umgehend mit dem Jagdaufseher oder Obmann in Verbindung zu setzen. Es sei nämlich durchaus möglich, dass die Kitzen nicht in jedem Fall in Gefahr seien.

Die Rehkitze sind im hohen Gras oftmals kaum auszumachen.
Die Rehkitze sind im hohen Gras oftmals kaum auszumachen.

Traurig bei dieser Rettungsaktion ist allerdings, dass ein fünftes Jungtier trotz intensiver Suche nicht gefunden werden konnte und später dem Mähdrescher zum Opfer fiel. Solche Unfälle sind für alle Beteiligten furchtbar. Das Kitz leidet Qualen und schreit jämmerlich. Die Rehgeiss leidet, weil sie nicht helfen kann, und sucht ihr verlorenes Kitz manchmal noch tagelang. Aber auch für den Landwirt ist das Ganze keine angenehme Erfahrung. Er fühlt sich ohnmächtig angesichts der Qual des Tieres, und der Jäger oder Wildhüter hat die undankbare Pflicht, das Rehkitz von seinen Qualen zu erlösen. Gleichzeitig sind vermähte Rehkitze aber auch ein hygienisches Problem, zumal aus den Fleischresten im Schnittgras Leichengifte entweichen können, die zu tödlichen Vergiftungen beim Vieh führen, das das Heu anschliessend frisst.

Als Präventivmassnahme können die Wiesen beispielsweise mit Plastiksäcken verblendet werden.
Als Präventivmassnahme können die Wiesen beispielsweise mit Plastiksäcken verblendet werden.

Zusammenarbeit erwünscht

Immerhin konnten durch die vorgängige Information an die Jagdgesellschaft Laubberg am vergangenen Muttertag vier Rehkitze vor diesem Schicksal verschont werden. Sergio Taiana: «Wir möchten uns deshalb. bei allen Bauern bedanken, die sich bei uns gemeldet haben und uns die Chance gaben, das junge Leben eines Wildtieres zu retten. Eine solche Zusammenarbeit zwischen Landwirten und Jagdgesellschaft ist sehr erwünscht und kann viel Leid verhindern.» Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Information betreffend Mähabsichten bereits am Vorabend erfolgen sollte, damit die Wiesen mit weissen Plastiksäcken verblendet werden können. Dies halte die Rehgeissen manchmal davon ab, ihre Kitze ins hohe Gras zu setzen. Ähnliche Empfehlungen gibt auch der Schweizer Tierschutz ab. So könnten beispielsweise auch flatternde Aluminiumbänder oder CDs an Pfählen an den Wiesenrändern aufgestellt werden. Rehgeissen reagieren allerdings unterschiedlich auf solche Abschreckungs-versuche und der Gewöhnungseffekt sei hoch. Präventivmassnahmen alleine reichen daher kaum aus, um Unfälle sicher zu vermeiden. Die sicherste Methode sei deshalb immer noch, wenn die Wiesen vor dem Mähen sorgfältig abgesucht würden.